Stegeinlage und Sattel – Knochen oder Kunststoff?

Oft sind es beim Kauf einer Akustikgitarre die kleinen Details, die einem im ersten Augenblick gar nicht ins Auge stechen, auf die es in der Praxis dann aber ankommt. Von ihnen hängt es ab, ob die Gitarre langfristig Freude bereitet oder uns immer wieder das Leben schwer macht.

Stegeinlage und Sattel sind die beiden Auflagepunkte der Saite, zwischen denen die Mensur gemessen wird. Stegeinlage und Sattel bieten dem Gitarrenbauer vielfältige Möglichkeiten, die Intonation zu beeinflussen, doch über dieses Thema könnte man abendfüllend referieren. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage des Materials der beiden unscheinbaren Teile.

Sattel und Stegeinlage - wo sitzen sie eigentlich?

Der Sattel befindet sich zwischen dem oberen Ende des Griffbretts und dem Kopf der Gitarre. Der Steg ist die Holzleiste, die unterhalb des Schallochs auf die Decke geleimt wird. Auf ihm befindet sich bei klassischen Gitarren der Knüpfblock bzw. bei Stahlsaiten-Gitarren die Einlassungen für die Stegsteckerl sowie die Fräsung für die Stegeinlage.

Aufgabe von Sattel und Stegeinlage

Die Stegeinlage dient dazu, die Saiten, die am Steg entweder mit Knüpftechnik oder mit Stegsteckerln befestigt sind, in einem definierten Abstand zur Decke bzw. zum Griffbrett zu positionieren. Dazu müssen die Saiten an der Stegeinlage stark geknickt werden. Zusätzlich zu der Belastung durch den Knick muss die Stegeinlage den Druck, der durch die Saitenspannung entsteht, aushalten sowie die Reibung, die jedes Mal beim Stimmen hervorgerufen wird. Aus diesem Grund muss sie aus einem sehr belastungsfähigen Material sein.

 

Der Sattel leitet die Saiten vom oberen Ende des Griffbretts weiter zum Kopf und hier zu den Mechaniken. Im Gegensatz zur Stegeinlage, auf der die Saiten frei aufliegen, verfügt der Sattel über Einkerbungen, die individuell an die jeweilige Saite angepasst sind. Auf den Sattel wirkt ebenfalls der Druck der Saitenspannung, aber stärker als die Stegeinlage ist er durch die Reibung beim Stimmungsvorgang beansprucht, weshalb auch er aus sehr hartem Material gefertigt sein sollte.

Vor- und Nachteile von Knochen und Kunststoff

In der Vergangenheit gab es Versuche von einigen Gitarrenbauern, Sattel und Stegeinlage aus Ebenholz zu fertigen. Ebenholz ist bekannt als sehr hartes Holz, doch die oben genannten Beanspruchungen führten dazu, dass Sattel und Stegeinlage sehr häufig ausgetauscht werden mussten.

Traditionell wird im Gitarrenbau für Sattel und Stegeinlage Knochen verwendet. Da die Stegeinlage, aber vor allem der Sattel, starken Reibungskräften ausgesetzt ist, ist Knochen als Material hier geradezu prädestiniert. Knochen hat einen natürlichen Fettgehalt und ist von daher selbstschmierend. Für die Saite heißt das, dass sie beim Stimmen gut gleiten kann und entsprechend weniger Widerstand bietet als bei anderen Materialien.

Immer häufiger werden (nicht nur preisgünstige) Akustikgitarren mit Kunststoff-Stegeinlage und -Sattel versehen. Der Vorteil für den Hersteller liegt im Preis des Materials und in den Kosten der Fertigung. Kunststoff-Sattel und -Stegeinlage können gegossen werden, wohingegen das Anfertigen eines Knochenstegs oder -sattels richtige Handarbeit erfordert. Knochen muss zuerst zersägt, dann geschliffen und gefeilt werden.

Die Nachteile des Kunststoffs trägt der Gitarrist. Am Steg graben sich die Saiten gerne ein, wodurch über kurz oder lang ein Grat entsteht, der dann dafür sorgt, dass die Saite reißt. Am Sattel gräbt sich die Saite ebenfalls in das Material ein und klemmt sich dadurch fest. Wer beim Stimmen schon einmal an der Mechanik gedreht hat und das Gefühl hatte, es verändert sich nichts, bis die Saite plötzlich ein ganzes Stück höher oder tiefer klang, hatte es wahrscheinlich mit diesem Phänomen zu tun.

Knochen von Kunststoff unterscheiden

Für den Laien ist der Unterschied zwischen Kunststoff und Knochen gar nicht so leicht zu erkennen, denn oft wird der Kunststoff farblich dem Knochen angepasst. Lediglich bei strahlend weißer Stegeinlage oder Sattel kann man schon bei oberflächlicher Prüfung sicher davon ausgehen, dass es sich um Kunststoff handelt. Wenn man ganz nah an Stegeinlage oder Sattel herangeht und ganz genau hinschaut, kann man aber auch knochenfarbenen Kunststoff von echtem Knochen unterscheiden. Kunststoff hat nämlich eine vollkommen glatte Oberfläche, wohingegen Knochen eine sehr feine Struktur aufweist. Häufig sieht Knochen aus, als sei er von feinen Rissen durchzogen.

Sattel und Stegeinlage austauschen

Mit ein bisschen handwerklichem Geschick und dem entsprechenden Werkzeug kann man seine Kunstoff-Stegeinlage selbst gegen einen Knochensteg austauschen. Das Thema wird auch in unserem Artikel "Die Saitenlage bei der Akustikgitarre selbst einstellen" angeschnitten.

Vom Sattel sollte der Laie allerdings die Finger lassen. Ihr Gitarrenbauer um die Ecke übernimmt diese Arbeit gerne für nicht allzuviel Geld. So können Sie sicher sein, dass Sie durch den Austausch wirklich zu einem Mehrwert und verbesserten Spielkomfort gelangen.