Zeitschrift: Akustik Gitarre 01/2021 | Autor: Jens Hausmann
Christian Stoll bietet ein beeindruckendes Spektrum unterschiedlichster Bauformen. Sein Gitarrenbau lotet dabei einen eigenen Stil zwischen Tradition und Moderne aus. Wir testen ein verkleinertes Custom-Modell seiner beliebten Ambition Fingerstyle.
Diese Ambition Fingerstyle Custom wurde als Parallelinstrument zu einem Kundenauftrag gebaut. Geordert wurde eine 63er Mensur mit entsprechend verkleinertem Korpus und ohne den regulären Fensterkopf. Was auf den ersten Blick anmutet wie eine Dreadnought mit Konzertgitarren-Taille, läuft etwa auf OM-Volumen hinaus.
Konstruktion
Gerade bei verkleinerten Modellen kommt es auf die optimale Position des Stegs an. Fast genau mittig zwischen Zarge und Schallloch landet Christian Stoll, indem er den Halsansatz auf den 13. Bund legt – das erleichtert zudem die Erreichbarkeit der hohen Lagen auch ohne Cutaway. Zum Vergleich teilt der Steg amerikanischer OM-Modelle die Fläche etwa ein Drittel unter dem Schallloch.
Stoll Guitars verbaut ausschließlich massive Hölzer. Das Standardmodell kommt in Palisander, während die Tonholzauswahl dieser Custom-Gitarre weitere Besonderheiten aufweist: Das wäre zum einen der Korpus aus Laurel, dessen sehr attraktive Maserung wie eine Mischung aus Palisander und Walnuss ausschaut. Auch klanglich wird Laurel die Nähe zu Palisander mit lebhaftem Reichtum an brillanten Obertönen nachgesagt. Das harmoniert wunderbar mit der auch nicht so häufig verwendeten Lutzfichte als Deckenholz. Der Sitkafichte ähnlich, tendiert sie in Tontrennung und klaren Höhen etwas mehr in Richtung Adirondack. Besonders gefallen die Medium-Jumbo-Bundstäbchen, inklusive Griffbrett-Extension 20 an der Zahl.
Material und Konstruktionsweise des Halses sind eindeutig vom Konzertgitarrenbau inspiriert: Verwendet wurde Cedro-Holz mit einem Ebenholz-Griffbrett. Auch Stahlsaitengitarren kommen bei Stoll grundsätzlich in spanischer Bauweise, bei der im ersten Schritt die Decke auf den Hals geleimt und anschließend der Korpus mit Zargen und Boden aufgebaut wird, statt Korpus und Hals getrennt zu fertigen und am Ende zusammenzusetzen. Das fördert Sustain und besseres Schwingverhalten als Ganzes beim fertigen Instrument. Der Halsstab ist vom Schallloch aus zugänglich. Der geringere Saitenzug durch die verkürzte Mensur begünstigt ebenfalls die Balance zwischen Stabilität und Schwingfreudigkeit zu Gunsten des Klangverhaltens. Beleistet wurde das Instrument mit einer eigenen für Fingerstyle optimierten Kreuzbeleistung, die Vorspannungswölbung bei Decke und Boden unterstützt weiterhin schnelle Ansprache.
Zur Stoll-Philosophie gehören Nachhaltigkeit und die Vermeidung von Kunststoff; das wird konsequent mit dekorativen Ahorn-Einfassungen von Decke und Korpus umgesetzt sowie mit Ebenholz für Bridgepins und Mechanik-Griffe an den leichtgängigen, vergoldeten Gotoh 510-Mechaniken. Sattel und Stegeinlage bestehen selbstverständlich aus Knochen. Dieser Ansatz wird mit der hauchdünnen, seidenglänzenden Nitrocellulose-Lackierung weiterverfolgt. In Summe lässt die makellose Verarbeitung bis ins Detail auf liebevoll ausgeführtes und kundiges Handwerk schließen. Abgerundet wird das Design durch die Perlmutt-Rosette und das S-Logo auf der Kopfplatte mit Ebenholz-Auflage; dezente Dots zur Orientierung auf dem Griffbrett braucht es nur seitlich.
Handhabung und Klang
Trotz verkleinerter Dimensionen fordert die Ambition Fingerstyle Custom physisch souverän ihren Raum, ist aber dennoch angenehm zu handhaben, nicht zuletzt da sich die Zargenbreite von 10,5 auf 9,5 Zentimeter verjüngt.
Sofort gefällt die hervorragende Bespielbarkeit: Optimal abgestimmt für müheloses Spiel im Fingerstyle, ist die Saitenlage auch noch hoch genug für dynamischen Anschlag. Der Hals hat die optimale Sattelbreite von 45 Millimetern, aufgezogen wurden leichte Elixir Nanoweb 0.11er-Saiten; trotzdem tönt es schön fett und körperhaft.
Absolut begeisternd sind Ansprache und Sensibilität; so können auch kleinste Variationen im Anschlag leichtfüßig in Klangfarbenreichtum und reichlich Dynamik abgebildet werden. Das ermöglicht Nuancen, wie man sie sonst eher bei klassischen Gitarren gewohnt ist. Die Balance ist vortrefflich gelungen zwischen elegant präsentem Grundklang mit frischen Obertönen einerseits und singendem Diskant mit soliden, tragenden Höhen im Melodiespiel und warmen, trockenen Bässen andererseits.
Selbst wenn man der verkleinerten Dreadnought mit einem Plektrum zu Leibe rückt, bescheinigt sie das bei Anschlagstechniken für Liedbegleitung mit perkussiv-direktem und leicht holzigem Klangbild, setzt sich potent bei Einzeltonlinien durch und reagiert generell äußerst musikalisch. Bluegrass-Freunde und Power-Strummer wären freilich mit größeren Instrumenten und langer Mensur für strammeren Ton, mehr Druck und Lautstärke besser beraten.
Fazit
Bei der Bezeichnung Custom denkt man möglicherweise an unerreichbar exquisite Instrumente, aber Christian Stoll arbeitet eigentlich immer auf Custom-Shop-Niveau, denn abgesehen von Kleinserien, werden meist Design, Materialien und Bauweise direkt für den Kunden personalisiert. Auch wenn unser Testinstrument in seinen Features speziell wirken mag, zeigt sich doch gerade hier, wie genau man sich seine Traumgitarre auf den Leib schneidern lassen kann.
Mit dem verkleinerten Ambition Fingerstyle Custom-Modell mit Halsansatz im 13. Bund gibt Christian Stoll eine hervorragende Visitenkarte im Sinne seiner Handwerkskunst und Kompetenz ab. Wer eine Fingerstyle-Steelstring sucht und möglicherweise sogar von der klassischen Gitarre kommt, sollte einen persönlichen Besuch in Stolls Werkstatt erwägen.
Infos
| Gitarre im Test: | Ambition Fingerstyle Laurel 13-Bund-Gitarre |
| Download PDF: | Testbericht Akustik Gitarre 01-21 Stoll Ambition Fingerstyle 13 Bund Laurel |
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